Töpferei TONART

Kennt ihr das? Es gibt so Sachen, die bringen das Herz völlig aus dem Takt – ähnlich wie beim Schuhkauf. Genau das ist mir neulich passiert. Da hat mir der Lieblingsfranke von einer Töpferei in Lauter vorgeschwärmt: „Wunderschönes handgetöpfertes Gebrauchsgeschirr habe ich dort gesehen”. Mein Interesse ist auf der Stelle geweckt. Hach, er weiß halt genau, was mir gefällt. Ganz klar, dass wir uns sofort auf den Weg machen.

In der Töpferei

Mir würde es nicht mal im Traum einfallen Tassen, Teller oder gar eine Blumenvase selber zu töpfern. Echt – das wär nix für mich. Doch so begeistert wie die Töpferin Kerstin Kempter von ihrem Hobby erzählt, bekomme ich große Lust auch etwas Schönes aus Ton zu gestalten. Kerstin Kempter fackelt nicht lange rum: “Ja, dann kommen Sie doch gleich mal mit in meine Töpferei.” Und schwupps, schon habe ich eine Schürze umgebunden und halte einen feuchten Klumpen Ton auf der Hand. 

Töpfern lernen

„So geht es“, sagt die Fachfrau

Bevor wir anfangen aus dem Klumpen irgendwas zu formen, muss die Luft aus dem Ton geschlagen werden. „Sonst hat man später Bläschen im Gefäß!“, erklärt die Töpferin. Okay, ist logisch. Also haue ich den Tonklumpen immer wieder kräftig auf die Unterlage, dass mir ganz schwindelig wird und meinem Liebsten angst und bange. Wenn ihr jetzt denkt – na und, was ist dabei? Tja von wegen, ganz so einfach ist das nämlich nicht. Mein Klumpen entwickelt sich bei jedem Wurf immer mehr zu einem Pfannkuchen. Hei, und jetzt?

“So geht das nicht”, sagt die Fachfrau

Ach, dann knüddel ich ihn halt wieder zusammen. “Nein! Halt!“, ruft Kerstin Kempter entsetzt, „das gibt neue Lufteinschlüsse, nicht zusammen drücken, nur schlagen!“ Ups… na gut! Ich gebe mir allergrößte Mühe bis es dann endlich reicht. “Jetzt können wir an die Töpferscheibe.“ Dabei zeigt die Töpferin auf ein großes Arbeitsgerät. Oh oh, glaubt mir, ich bin echt kein ängstlicher Mensch. Neue Dinge gehe ich frontal an, aber der Blick auf die Töpferscheibe jagt mir gerade heißkalte Schauer den Rücken runter! „Da soll ich ran? Das schaffe ich nie!“, piepse ich. Ach, wie schön, dass meine Lehrmeisterin mit einer unglaublichen Gelassenheit an meiner Seite ist. Sie erklärt Schritt für Schritt, wie es funktioniert. Aber schaut doch selbst.

Gebrauchsgeschirr selber herstellenTongeschirr selber herstellenKein Spaziergang

Puh, was man dabei alles beachten muss… Die Scheibe dreht und dreht und dreht – echt, ohne Pause. Da bekommt man richtig Angst, dass einem die Masse jeden Moment um die Ohren fliegt. Und dann soll daraus ja noch was Sinnvolles entstehen! Das überfordert mich total. So, und jetzt stellt euch bitte mal vor, die strombetriebene Töpferscheibe würde noch wie früher funktionieren. Da war nämlich Bein und Fußarbeit in einer Töpferei gefragt, um das Gerät überhaupt erst einmal zum Drehen zu bringen. Also voller Körpereinsatz. Ganz ehrlich? Spätestens hier wär’ ich raus.An der Töpferscheibe

Der Ton und ich – Wellenlänge geht anders

Warum klappt es nicht bei mir? „Dreißig Jahre Vorsprung sind der Unterschied“, lacht Kerstin Kempter. Ja, bei ihr, da sieht das alles spielend leicht aus. Der Ton lässt sich von ihren Händen in jede Richtung biegen und formen. Bei mir dagegen macht er was er will. Das Stück Erde auf meiner Scheibe ist definitiv nicht auf meiner Wellenlänge. Und bis zum Schluss ist ganz und gar nicht klar, wer hier als Sieger rausgeht. Hah, aber dann entsteht doch noch etwas Einmaliges. Schaut her! NEIN! – Es ist KEIN Blumenübertopf! Es ist eine Milchkaffeetasse, sag ich jetzt mal. Freilich, eine Schönheit ist das nicht, ich weiß. Trotzdem: Ich finde die Tasse toll! Denn… ich habe sie mit meinen Händen geformt. Doch bevor ich meinen ersten Milchkaffee daraus trinken kann, muss die Tasse erstmal antrocknen, angemalt und glasiert werden, um dann im Ofen den letzten Schliff zu bekommen.

Töpfern in der Töpferei

Kein Plan fürs Leben?

So war es bei Kerstin Kempter nach der Schule. Letzten Endes beginnt sie eine Töpferlehre und stellt fest: Ja, das ist es! „Ich wollte unbedingt etwas machen, wo ich am Ende etwas Fertiges in den Händen halten kann. Das hat mir schon immer große Freude gemacht. Beim Töpfern kann ich dieses Bedürfnis voll ausleben“, erzählt sie begeistert. Aber der Beruf hat auch seine Tücken. Es ist nicht nur kreatives Arbeiten und Gestalten, es ist auch ein körperlicher Kraftakt. Das hat die Töpferin leidvoll erfahren und musste den Beruf wechseln.

Die Leidenschaft fürs Töpfern ist geblieben

Jetzt ist sie im Hauptberuf Ergotherapeutin. Doch die Leidenschaft fürs Töpfern hat sie nicht verloren. Das hat sie auf eine wunderbare Idee gebracht: Kindergeburtstag feiern mit der Töpferin in ihrer Töpferei. Also wenn ihr mal absolut keine Ahnung habt, was ihr am Kindergeburtstag mit der ganzen Meute anstellen sollt, dann ruft Kerstin Kempter an. Mit ihr wird dieser Tag zu einem ganz besonderen Erlebnis. Das Geburtstagskind und seine Gäste werden mitgenommen in die Welt des Töpferns. Ob Tier, Blume oder Gefäß – egal! Jedes Kind darf der eigenen Phantasie freien Lauf lassen. Davon bin ich total hingerissen. Tja, da wär man gerne wieder Kind. „Ach, gar kein Problem“, strahlt die Töpferin, „die ‘Großen’ können bei mir auch Spaß haben, für sie habe ich eine Töpferparty im Angebot“. Oh, wie cool! In Gedanken gehe ich schon mal meinen Terminkalender durch.

Gebrauchsgeschirr

Multikulti im fränkischen Lauter

„Immer wieder würde ich den gleichen Weg wählen“, sagt Kerstin Kempter strahlend, „und der hat mich quer durch die Republik geführt.“ In der Tat reden wir hier von mehreren Bundesländern: In Rostock geboren, hat sie ihre Töpferlehre in Suhl/Thüringen absolviert. Nach der Ausbildung geht es ab in die Großstadt Berlin. Und am wunderschönen Bodensee, da hat die Töpferin ihr Herz an einen Schwaben verloren. „Die Arbeit meines Mannes hat uns am Ende ins Frankenland geführt. Wir leben sehr gerne in Lauter”. Bei einer leckeren Tasse Kaffee im gemütlichen Ambiente des liebevoll renovierten Bauernhauses schwärmen die Kempters: “Hier sind wir zuhause und durch unser Engagement in verschiedenen Vereinen haben wir eine große Akzeptanz im Dorf erfahren.

Willkommen, ja – aber als Franken anerkannt?

“Selbst in fünfzig Jahren wären wir noch die Neuen“, lacht Kerstin Kempter. „Oh ja”, stimme ich zu, „das kenne ich. Ich bin nämlich auch ‘a Reigschlaafda’ (für Nichtfranken: Eingeheiratete)“. Es ist ja so, die Franken haben absolut keine Vorbehalte gegen Menschen aus anderen Regionen der Republik. Nein, das nicht. Aber selbst wenn man als Urfranke aus dem Nachbardorf eingeheiratet hat – man wird nie ein Hiesiger. Nie! Das schöne jedoch ist, dass die Franken verbindlich sind. Hat man erst mal das Herz eines Franken gewonnen, dann ist es für immer.

Die fränkische Lebensweise hat es uns angetan

Der fränkischen Bierkultur hat die Freizeitunternehmerin sogar einen Auftrag für Bierkrüge mit Vereinslogo zu verdanken. Henkeltassen zu Weihnachten hat sie für einen anderen Verein in ihrer Töpferei getöpfert. „Momentan arbeite ich an einem Frankenrechen zum Aufhängen. Ein total lustiger Auftrag“. „Ui…“, werde ich hellhörig, „ein Frankenrechen? So einen möchte ich auch haben – aber auf einem Stab für den Vorgarten, geht das?“ „Na klar, sehr gerne!“, versichert Kerstin Kempter. Der Lieblingsfranke und ich bekommen exakt im selben Moment ein breites Strahlen ins Gesicht.

Töpferei TONART

Kontakt:
Kerstin Kempter
Schulstr. 6, Lauter, Tel.: 09544 980260
Kerstin.Kempter@Toepferkurse.de 

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