
Ach, es ist Sommer, Sommer. Im Sommer ist Hochsaison für die kleinen Theaterbühnen in Franken. Naturdenkmäler, Burgen, Schlösser, Dörfer und Parkanlagen oder auch mal ein Parkplatz verwandeln sich plötzlich in Bühnen. Der Franke ist ein begeisterter Freilichtbühnengänger. Mit festem Schuhwerk, einer Regenjacke und dem Sidzkissla unterm Arm, kämpft er sich Burghänge empor. Er wandert über Wiesen oder zwängt sich unter Felsvorsprünge. Mit Humor nimmt er es hin, dass er den Text wegen des strömenden Regens nicht vollständig versteht, spendet den Schauspielern umso mehr frenetischen Applaus. Der Franke genießt sein Sommertheater.
Saison für Freilichtbühnen: Die Bühne kommt zum Bürger
Ganz nach dem Motto: Kommt der Prophet nicht zum Berg, kommt der Berg zum Prophet. Denn machen wir uns nichts vor, auch das schöne Franken hat auf dem Land mit Überalterung zu kämpfen. Der „Fränkische Theatersommer“ aus Hollfeld macht Theater auf dem Land möglich. Das Ensemble wandert durch Franken und bringt die Kunst an ca. 70 Spielorten dem Bürger nahe.
Ganz neu – das Heckentheater. Gerade mal ein Jahr alt ist diese kleine Bühne. Zur Landesgartenschau 2016 in Bayreuth geschaffen, ist sie nun auch Spielort des Fränkischen Theatersommers. Während zwei Seiten von Hainen umgeben sind, ranken sich an der linken Flanke pittoresk Hopfenpflanzen empor. Es ist ein heißer, wirklich heißer Sonntagnachmittag, wir sehen uns das Stück Wahnsinnsweiber an. Eine one-woman-show von Clarissa Hopfensitz. Sie setzt sechs Frauen in Szene, die von ihrer Umgebung als „wahnsinnig“ eingestuft wurden. Ich tauche in die Person von Sisi, Virginia Woolf und Amy Winhouse ein. Durch Hopfensitz‘ Schauspielkunst fühle ich gesellschaftliche Zwänge, Selbstzweifel, Verzweiflung, Ausweglosigkeit. Und am Ende stellt sich mir die Frage, ob die Frauen nun wirklich „wahnsinnig“ im pathologischen Sinne oder nur einfach „anders“ gewesen sind.
Tipp: Neben der Regenausrüstung solltet ihr auch Hut und Fächer im Gepäck haben. Die Haine spenden aufgrund ihres jungen Alters noch keinen Schatten.
Sommertheater auf Wilhelmines Bühnen: die Studiobühne Bayreuth
Wilhelmine, Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth und Schwester Friedrich des Großen, hat Oberfranken u. A. die Landschaftsparkanlagen Eremitage In Bayreuth und den Felsengarten in Sanspareil zu verdanken. In beiden befinden sich Naturbühnen von besonderem Zauber. Hier ist die Studiobühne Bayreuth zu Hause. Dieses Jahr reizt mich „In 80 Tagen um die Welt“. Der Klassiker von Jules Verne. Die Verfilmung mit David Niven könnte ich mitsprechen und auf meiner Stirne standen sicher Fragezeichen, als ich dieses Stück auf dem Spielplan sehe. Wie soll man eine Weltreise auf diese kleine Bühne bringen? Aber, es ist geglückt. Ich bin mit Phileas Fogg in Kairo gewesen, bin auf einem Elefanten durch den indischen Dschungel geritten und habe auf dem Atlantischen Ozean ein Schiff Holzstück für Holzstück verheizt. Genial – selbst die einstürzende Zugbrücke im Wilden Westen wurde nicht ausgelassen. Wie das geht? Ich verrate nichts. Ihr müsst es live erleben. Studiobühne Bayreuth.
Das waren noch nicht alle Theaterbühnen
Die Saison der Sommertheater geht noch bis in den September hinein. Leider kann ich zum heutigen Tag nur von zwei Stücken berichten, denn meine anderen Theaterbesuche liegen noch in naher Zukunft. Als Freilichtbühnengänger mit Sidzkissla sag ich: jede Bühne ist bemerkenswert und jedes Ensemble ist mit viel Herzblut bei der Sache. Es lohnt sich also evtl. auch mal einen längeren Anfahrtsweg in Kauf zu nehmen. Hier meine kurze Aufstellung, die aber längst nicht den Anspruch der Vollständigkeit besitzt. Denn: auch ich entdecke immer wieder Neues in Franken.
Längst kein Geheimtipp mehr sind die Luisenburg Festspiele Wunsiedel auf Deutschlands älteste Naturbühne. Bereits zum Vorverkaufsstart im November muss man sich rasch um Karten kümmern. Mit ihren Gastspielen bereichert die Luisenburg das Sommertheater mit Operette und Oper.
Ensemble aus Laiendarstellern: Die Naturbühne Trebgast hat im Lutherjahr das Stück „Luther – Rebell seiner Zeit“ uraufgeführt und bezaubert hunderte kleine Besucher jedes Jahr mit ihren brillanten Kinderstücken.
Buschklopfer: Ein MUSS für Kulmbacher. Also schnell sein, damit ihr eine der begehrten Karten bekommt.
Die Rosenbergfestspiele – Theatertradition seit 20 Jahren. Die Bühne = der Rasen unter der Friedenslinde.
Bonus: Wenn in den späten Abendstunden die Fledermäuse über der Bühne auf Jagd gehen.
Ich habe es noch nicht nach Pegnitz geschafft. Aber ich bin ein großer Fan von Daniel Leistner. Er prägte die Faustfestspiele in Kronach über Jahre und spielt nun das erste Jahr in Pegnitz. Sein „Faust I“ ist sehenswert.
Schlosstheater Thurnau: Eine der jüngeren Festspiele in Oberfranken. Freu mich auf die Vorstellung im August.
Und Ihr – wie habt Ihr es so mit Freilichtbühnen? Habt Ihr einen Tipp für mich, was ich mir nicht entgehen lassen darf?